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kanthari

Justus Muhwezi in der Werkstatt

Führung aus ländlicher Gemeinschaft

    Führung, verwurzelt in einer ländlichen ugandischen Gemeinschaft

    In dieser Serie berichten Teilnehmende des Kurses 2025 von ihren Erfahrungen. Justus Muhwezi wuchs in Armut auf und ist fest entschlossen, das Leben junger Menschen in seiner Gemeinschaft in Uganda zu verbessern. Hier ist seine Geschichte:

    Von Justus Muhwezi

    „Guten Morgen, Muhwezi. Ich habe gehört, dein Bruder Sabondo lebt nicht mehr. Er ist letzte Nacht gestorben.“ Diese Nachricht erhielt ich, als ich in Indien am kanthari Leadership-Kurs teilnahm – weit weg von meiner Familie.

    Ich wurde im Distrikt Kabale im Südwesten Ugandas geboren und wuchs dort in der Kigezi-Region auf. Diese ist bekannt für ihre Berggorillas, hohe Hügel, tiefe Täler und den Bunyonyi-See – den zweittiefsten See Afrikas. Doch hinter dieser landschaftlichen Schönheit verbirgt sich eine Gemeinschaft, die von Armut und Schulabbrüchen geprägt ist, und deren Jugendliche vergessen werden. Ich war einer von ihnen.

    Ich komme aus einer Familie mit elf Kindern, fünf Jungen und sechs Mädchen. Neun Kinder sind leiblich, zwei sind adoptierte Waisen. Ich bin der Älteste von ihnen. Von uns haben fünf Kinder die Grundschule nie abgeschlossen, und vier haben die Sekundarschule nicht beendet. Das jüngste Kind geht noch zur Schule. Leider starb einer meiner leiblichen Brüder im Juni 2025. Auch er war ein Schulabbrecher, wie viele Jugendliche in unserer Gemeinschaft, war er ohne Einkommensmöglichkeiten. Er brach die Schule ab, weil unsere Eltern nicht die Kosten für alle Kinder tragen konnten.

    Viele Eltern unserer Gemeinschaft stehen vor der herzzerreissenden Entscheidung, welches ihrer Kinder zur Schule gehen darf. Armut, Hunger und begrenzte Landressourcen machen Bildung für viele unerreichbar. Ich erinnere mich, wie ich früher zehn Kilometer zur Schule und wieder zurückging – oft hungrig, zusammen mit meinen jüngeren Geschwistern, Verwandten und Freunden. Von ihnen brachen die meisten schliesslich die Schule ab. Es war schwer dies mitanzusehen. Viele Schulabbrecher geraten in Sucht, Kinderarbeit oder Prostitution. Andere heiraten früh und werden als Teenager Eltern, was dazu führt, dass erneut eine Generation ohne Bildung heranwächst.

    Justus Muhwezi und seine Gemeinschaft

    Als ich mein Diplom abgeschlossen hatte, war es nicht leicht, eine Arbeit zu finden. Ich versuchte, in die Armee einzutreten – ohne Erfolg. Ich bewarb mich für Sicherheitsjobs im Ausland – ohne Erfolg. Schliesslich half mir ein ehemaliger Dozent, eine Lehrstelle in Ruanda zu bekommen. Dort lernte ich einen Schweinezüchter kennen, der mit seiner Arbeit und Tatkraft seine Gemeinschaft veränderte. Inspiriert von seiner Leidenschaft startete ich ein eigenes kleines Projekt: Ich gab 15 Familien jeweils ein Ferkel als Pilotprojekt. Es funktionierte gut – bis COVID-19 kam. Ohne Einkommen mussten die Familien die Schweine verkaufen, um zu überleben.

    Die Erinnerung daran, dass meine Geschwister und Freunde keine Bildung erhielten, liess mich nicht los. Ich fragte mich immer wieder: Was kann getan werden, um Schulabbrechende darin zu unterstützen, ein Einkommen zu erzielen. Wie können sie ihr Selbstvertrauen zurückzugewinnen und neue Hoffnung zu finden?

    Während meiner Zeit in Ruanda entschied ich mein Anstellungsverhältnis aufzugeben, um mit Schulabbrechenden in meiner Heimatgemeinde zu arbeiten. Ich erhielt nochmals einen 5-Monats-Vertrag in Burundi, nahm mir jedoch vor, im Anschluss nach Hause zurückzukehren. Kurz darauf begann der COVID-Lockdown und ich hatte Zeit über meine Leidenschaft nachzudenken: Ich beschloss eine Initiative zu starten, die Jugendlichen und Kindern neue Perspektiven eröffnet.

    Zurück in der Heimat – ohne Werkzeuge, Fähigkeiten oder Anstellung – überzeugte ich lokale Werkstattbesitzer davon, interessierte Jugendliche informell auszubilden. Ausserdem arbeitete ich online ehrenamtlich für eine Organisation, um Erfahrungen im Leadership-Bereich zu sammeln. Bei Recherchen stiess ich auf Goodness Mercy Missions aus Kamerun. Deren Gründer empfahl mir später, am kanthari Leadership-Training in Indien teilzunehmen.

    Bei kanthari konnte ich meine Vision weiterentwickeln und gründete meine Organisation Jacana. Der Jacana ist ein Vogel, der dafür bekannt ist, über Wasserpflanzen zu laufen – ein Symbol für die Ermächtigung der Jugendlichen in meiner Region, selbst zu „Wasserläufern“ zu werden.