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kanthari

Wenn Bleiben zur mutigsten Entscheidung wird

    Wenn Bleiben zur mutigsten Entscheidung wird

    In dieser Serie hören wir von den Teilnehmenden des Kurses 2025 und von den Menschen, die von ihren sozialen Initiativen profitieren. Vom Rinderhüten als Junge in Simbabwe, über ein Studium im Ausland, bis hin zur Gründung eines Permakultur- und Innovationszentrums – Gilbert beweist, dass echter Wandel genau dort beginnt, wo man ist.

    Lektionen aus Matibi

    von Gilbert Rupere

    Meine Reise begann in einem kleinen Bergbaudorf bei meinen Großeltern. Unter der Sonne von Matibi hütete ich Rinder, ohne zu ahnen, welche Herausforderungen noch auf mich warteten. Weil mein Vater nach dem Verlust seiner Farm Arbeit in Botswana fand und meine Mutter neun Autostunden weg in Harare arbeitete, wuchsen wir getrennt voneinander auf. Mit elf Jahren zog ich schließlich zu meinem Vater – und lernte die Realität einer zerrissenen Familie kennen.

    Schon als Kind war ich still, aber neugierig. In der Werkstatt meines Vaters schraubte ich alte Elektronik auseinander, immer auf der Suche nach dem „Wie“. Nach der Schule führte mich mein Studium nach China – weit weg von allem Vertrauten. Dort erkannte ich: Viele tragen ähnliche Sorgen.

    Zurück in Simbabwe stand ich vor Arbeitslosigkeit – doch statt mich entmutigen zu lassen, nutzte ich meinen Einfallsreichtum: Ich brachte mir Webentwicklung selbst bei und unterstützte andere von zu Hause aus. Als ich von der Bildungsinitiativ Friends For Matibi Trust erfuhr, kam mir die zündende Idee: Warum nicht praktische Lösungen für echte Bedürfnisse entwerfen? Zum Beispiel ein stapelbares Hydroponik-System für kleine Räume – inspiriert vom landwirtschaftlichen Erbe meines Vaters. Bald leitete ich eine Permakultur-Initiative in Matibi und erlebte die Kraft von gegenseitiger Unterstützung, gemeinschaftlichem Lernen und praktischen Fähigkeiten.

    Heute bin ich überzeugt: Gemeinschaften können sich selbst verwandeln, wenn sie Werkzeuge, Unterstützung und Vertrauen erhalten. Mein Weg – vom stillen Beobachter zum Innovationsleiter und Permakultur-Verfechter – zeigt: Manchmal braucht es nur eine Chance und einen Ort, an dem Menschen lernen, teilen und gemeinsam aufblühen können. Doch wer würde von so einem Ort profitieren?

    Ermächtigte Jugendliche in Murawi, die an verschiedensten Aktivitäten teilnehmen – vom Zaunbau bis zum Schweißen von Tankgestellen für lokale Gärten

    In den sonnenverbrannten Landschaften von Mwenezi folgt das Leben der Jugendlichen oft demselben Muster: Schule, Vieh hüten, Hausarbeit. Nach der 4. Klasse der Sekundarschule ist der Weg ungewiss; viele Mädchen warten auf eine Heirat, viele Jungen suchen eine Partnerin. Chancen sind rar.

    Hier beginnt Simbas Geschichte. Ich traf ihn nach seinem Schulabschluss – ein stiller Junge, den seine Eltern schickten, um zu helfen. Er bewegte sich leise, leicht zu übersehen, wenn man nicht genau hinschaute. Eines Tages sagte er:
    „Meine Mutter hat mich hergeschickt, weil ich nichts zu tun hatte. Ich wollte nach Südafrika abhauen, sobald meine Eltern unterwegs waren. Aber jetzt will ich das nicht mehr.“

    Was hatte sich geändert?
    „Ich habe einen Grund gefunden zu bleiben.“

    In Matibi ist das selten. Doch die selbstbestimmte Lernumgebung, die Nähe zur Natur und das Gefühl dazuzugehören, haben etwas in ihm geweckt. Von da an stürzte er sich in Projekte – zuerst Bauarbeiten, dann Ledergerbung – und mit jedem Schritt wuchsen nicht nur seine Fähigkeiten, sondern auch sein Sinn für Zweck und Zugehörigkeit.

    Für die Zukunft will ich mich so aufstellen, dass ich eine Bewegung anführen kann – verwurzelt in Gemeinschaft, Nachhaltigkeit und Lernen. Inspiriert von Geschichten wie der von Simba möchte ich mehr Orte schaffen, die jungen Menschen Gründe geben zu bleiben, zu wachsen und beizutragen – und so Geschichten von Resilienz und Hoffnung genau dort neu schreiben, wo sie hingehören.