Hoffnung in die Zukunft nähen
In dieser Serie hören wir von den Teilnehmenden des Kurses 2025 und von den Menschen, die von ihren sozialen Initiativen profitieren. Heute baut Emmanuel eine Designschule für junge Talente auf, die sich keine teure Ausbildung leisten können. Dort lernen sie, aus Stoffresten Mode zu entwerfen, kreativ zu experimentieren und nachhaltige Ideen umzusetzen – und damit ihre eigenen Chancen zu schaffen.
Aus Kampf genäht
Von Emmanuel Adebayo
Mehr als zehn Jahre lang arbeitete ich in Modehäusern – nicht umgeben von Glamour, sondern von stiller Frustration. Ich war die geschickte Hand hinter den Entwürfen anderer, ein kreativer Kopf, den niemand nach seiner eigenen Vision fragte. Während andere von meinen langen Arbeitsstunden profitierten, blieb ich für viele nur ein Arbeiter – nicht ein Künstler, nicht ein Träumer.
Doch ich hielt an meinem Traum fest: eine Designschule zu gründen, für alle, die sich weder teure Modeschulen noch eine Lehre leisten können. Ein Ort, an dem sie lernen, sich ausdrücken und wachsen können. Ich wollte Freiheit – nicht nur für mich, sondern für all die vergessenen Kreativen meiner Generation.
Eines Tages, auf einer verrauchten Straße voller Panik, traf ich jemanden, der mich an mich selbst erinnerte.
„Feuer! Hilfe! Feuer!“ schrien die Menschen.
Chaos brach aus. Fußgetrappel, Schreie – als würde die ganze Straße brennen.
Mitten im Rauch stand ein junger Mann, kaum älter als ein Junge, und kämpfte mit einem kleinen Eimer Wasser gegen die Flammen. Seine Kleidung war angesengt, der Schweiß lief ihm übers Gesicht. Während andere flohen, blieb er. So lernte ich Pelumi kennen.
Später erfuhr ich: Er war Verkäufer in dem Laden, der gerade niederbrannte. Sechs Tage die Woche stand er hinter dem Tresen, doch das Geld reichte kaum. Die Schule hatte er vor drei Jahren abgeschlossen – für ein Studium fehlte seiner Familie das Geld. Sein Vater war gestorben, als er zehn war. „Pelumi, du bist jetzt der Mann im Haus“, hatte seine Mutter gesagt. Er lachte, als er mir das erzählte – aber seitdem beschwerte er sich nie.
Der Brand zerstörte den Laden und seinen Arbeitsplatz. Am Abend saßen wir am Straßenrand. Mit gesenktem Blick sagte er leise:
„Jedes Mal, wenn ich denke, es geht voran, passiert etwas – und alles stürzt wieder ein.“
Pelumi ist kreativ, hat eine Leidenschaft für Mode. Mehrmals bot er Schneidern an, später zu zahlen, wenn er eigenes Geld verdiene – keiner ging darauf ein. Pelumis Traum war es, Betriebswirtschaft zu studieren, oder eine Fähigkeit zu erlernen, mit der er ein Einkommen erzielen und sich eine bessere Zukunft aufbauen könnte. Nachdem er von meiner Arbeit gehört hatte, fügte er leise hinzu: „Ich möchte kreativ sein wie du.“

Als ich ihm zuhörte, kamen meine eigenen Erinnerungen zurück: Mein Vater starb, als ich fünf war. Meine Mutter zog mich allein groß, aber drei Jahre lang konnte sie kein Schulgeld zahlen. Ich arbeitete auf Märkten, schob Schubkarren, verkaufte Pfeffer und Holz. Schließlich landete ich als Landarbeiter in einem Dorf. Und auch ich erlebte, wie ein Feuer die Schneiderei meines Ausbilders zerstörte – ausgelöst durch achtlos verbrannten Müll.
In Pelumi sah ich mein jüngeres Ich: Ein Junge, der keine Wahl hatte als stark zu sein. Der sich an Mut klammerte, weil ihm das Leben nichts anderes ließ.
Die Begegnung mit Pelumi erinnerte mich daran, warum ich diesen Weg gehe. Er steht für Tausende junge Menschen, deren Talente unter Armut, Druck und fehlenden Chancen begraben sind.
Ich habe nun einen klaren Plan: Ich werde eine Designschule ohne Grenzen gründen – einen Ort, an dem junge Menschen wie Pelumi nicht jahrelang auf einen Studienplatz warten oder sich unbezahlbare Lehrstellen suchen müssen, um kreativ sein zu dürfen.
Ein Ort, an dem sie erkunden, erfinden und wachsen können. Wo aus Abfall Meisterwerke entstehen. Wo junge Menschen zu Problemlösern, Gestalter:innen und Führungskräften im Bereich nachhaltiges Design werden.
Denn ich glaube: Jeder junge Mensch verdient mehr als bloßes Überleben.
Er verdient eine echte Chance – zu gestalten, zu träumen, zu leben.