kanthari Blog: 14-09-2023
Bone Sit Paing Hmoo stammt aus Myanmar. Im Alter von 13 Jahren wurde er blind. Glücklicherweise konnte er seine Ausbildung in einer Sonderschule fortsetzen. Nach der Schule erlebte er die Frustration, neben der Massage keine berufliche Perspektive zu haben. Vielen blinden Jugendlichen geht es so wie ihm. Deshalb möchte Bone eine Ausbildung anbieten, die Blinden die grundlegenden Fähigkeiten vermittelt, um die richtigen Entscheidungen zu treffen und sich in jede neue Arbeitsumgebung zu integrieren.
von Bone Sit Paing Hmoo:
Ich erinnere mich an den Vorfall, als wäre es gestern gewesen. Als ich 17 Jahre alt wurde, hatte ich es satt! Ich hatte keine Zukunft mit interessanter berufliche Berufsperspektive. Ich wollte die High-School abbrechen und, wie viele andere blinde Jugendliche, die einzige Option für Sehbehinderte in Myanmar erlernen: Massage!
Zum Glück überredeten mich meine Eltern, Lehrer und Freunde, weiterzumachen. Ein Lehrer sagte: “Du brauchst Bildung, um von verschiedenen Berufen träumen zu können.” Diese Aussage überzeugte mich, und so setzte ich die High-school fort, obwohl ich meine Träume vor langer zeit verlohren hatte.
Bevor ich blind wurde, wollte ich Fußballspieler werden. Ich wuchs in einem Dorf im Bundesstaat Rakhine auf, einer Küstenregion, die für ihre Strände berühmt ist. Ich war ein sehr aktives und verspieltes Kind. Tag für Tag fand man mich auf dem Fußballplatz oder beim Schwimmen in den überfluteten Reisfeldern. Und dann…, passierte der Unfall, der mein Leben auf den Kopf stellte.
Mit zehn Jahren wurde ich während eines Fußballspiels gefoult und fiel auf den Kopf. Von diesem Moment an verlor ich nach und nach das Sehvermögen in beiden Augen. Selbst zwei größere Operationen halfen nicht. Mit 13 Jahren war ich völlig blind.
Anfangs konnte ich meine neue Identität nicht akzeptieren. Es fiel mir schwer, mich an die Blindheit zu gewöhnen, und ich fühlte mich isoliert. In dieser Zeit informierte mich ein Onkel über eine Blindenschule. Aber damals war ich noch nicht bereit, das als Option zu akzeptieren.
Später kam ein Klassenkamerad vorbei und erzählte von dem Spaß, den sie in der Schule hatten. Das gab mir einen Schub. Auch ich wollte wieder Schüler sein und mir vorstellen, wie aufregend mein Leben sein könnte, wenn ich meine Ausbildung fortsetze.
Ein paar Jahre lang konnte ich nicht zur Schule gehen und ich war hungrig nach Wissen und Fähigkeiten. Im Jahr 2012 begann ich ein neues Leben in einem Internat in Yangon. In schulischer Hinsicht war die Schule ausgezeichnet, und ich habe viel gelernt. Aber ausser die Braille Schrift brachten sie uns keine anderen Techniken für Blinde bei, keine Mobilität und Orientierung. Immer wenn wir unsere Unabhängigkeit testen wollten und versuchten, mit unseren weißen Blindenstöcken auszubrechen, hielten sie uns wie Vögel in einem Käfig zurück.
Die Frustration unter uns sehbehinderten Jugendlichen wuchs langsam, aber stetig. Wir hatten das Gefühl, dass es keine Zukunft, keine Möglichkeiten für uns gab. Egal wie hart wir studieren würden, wir würden sowieso in einer Massagepraxis landen, da das der einzige mögliche Beruf für uns war.
Im Jahr 2017 bestand ich meine Abschlussprüfung mit guten Noten. In zwei Fächern, Geschichte und Wirtschaft, schnitt ich sogar besser ab als jeder der sehenden Schüler. Aber dennoch waren meine Berufsmöglichkeiten begrenzt. Ich versuchte weiterführende Studien, aber ich hatte das Gefühl, dass es nirgendwohin führte.
Und ja, am Ende landete ich wieder in einer Ausbildungseinrichtung für Massage. Über ein Jahr lang lernte und verdiente ich mein Geld durch Massage, aber es war nicht befriedigend. Später bekam ich einen Job beim Myanmar National Association of the Blind, wo ich für die Umsetzung von Projekten und die Organisation von Schulungen verantwortlich war.
Durch meine Arbeit bemerkte ich, dass es viele blinde Jugendliche gab, die, wie ich, Potenzial hatten, aber keine andere Zukunft als Masseur sahen. Und während sie weiter frustriert blieben, konnte ich technische Fähigkeiten für Blinde erlernen sowie Grundlagen des Projektmanagements, der Verwaltung, Computerkenntnisse und Audiobearbeitung.
Obwohl wir diese Fähigkeiten erlernten, mangelte es uns immer noch an Selbstvertrauen und der Fähigkeit zur Kommunikation. Tatsächlich konnten wir das Gelernte nicht miteinander verknüpfen. Und langsam entwickelte sich mein Traum: Zuerst hatte ich die Idee, Blinde zu Telefonisten in einem Callcenter auszubilden. Im Laufe der Konzeptentwicklung im kanthari-Institut wurde mir klar, dass dies nur einen stereotypen Job durch einen anderen ersetzen würde.
Heute möchte ich durch meine Organisation Canedom den Blinden Schulungen bieten, um ihnen grundlegende Fähigkeiten zu vermitteln, die jeder benötigt, um im Leben aufzustehen, eigene Karrierewahlen zu treffen, offen für das Lernen zu sein und sich in jede neue Arbeitsumgebung selbst integrieren zu können.